Eiskalte Typen auf heißen Öfen
Originaltitel: Uomini si nasce poliziotti si muore, Italien 1976, 89 Min., 35mm, Regie: Ruggero Deodato, Darsteller: Marc Porel, Ray Lovelock, Adolfo Celi
Die beiden Undercover-Cops Fred und Tony rücken der römischen Unterwelt mit reichlich ruppigen Methoden zu Leibe. Nachdem er einen anderen verdeckten Ermittler erschießen ließ, erklären sie dem skrupellosen Glücksspiel-König Pasquini den Krieg. Doch Pasquini hat sogar einflussreiche Polizisten gekauft und könnte tatsächlich der erste Gegner werden, an dem sich Fred und Tony die Zähne ausbeißen …
„Durch die mangelnde Identifikationsmöglichkeit untergräbt Deodato das Genre-System, um den ungeschriebenen Gattungs-Gesetzen den Spiegel vorzuhalten. Wo vergleichbare Filme die Position vertreten, dass nur mit der Adaption von gewalttätigen Methoden eine erfolgreiche Verbrechensbekämpfung stattfinden kann, zeigt Deodato die Konsequenzen dieser (nicht nur filmischen) Forderungen. Aus seiner fast schon nihilistisch zu nennenden Perspektive, ist die Gesellschaft in einer sich stetig nach oben schraubenden Spirale von Gewalt, Verrohung und Korruption gefangen. Davon betroffen sind auch diejenigen, welche eigentlich die soziale Ruhe sowie die moralischen Wertvorstellungen sichern sollen. Was bleibt, ist ein anarchistisches Niemandsland, in dem jeder seine individuellen Interessen rücksichtslos verfolgt und ausschließlich das Recht des Stärkeren regiert. Eine beängstigende Vorstellung. (…) Deodatos herausragender Beitrag zum italienischen Polizeifilm ist das seltene Beispiel eines puren Genre-Rohdiamanten. Erst wenn man die Oberfläche abschleift, entfaltet der Edelstein seinen strahlenden Glanz.“ (SAILOR RIPLEY/www.buio-omega.de)
„Hier wird einfach alles grotesk überspitzt und bis ins Extrem gesteigert. Damit hat der gute Ruggero vielleicht den logischen Schlusspunkt hinter das Genre gesetzt, indem er durchexerziert, was passiert, wenn den Rachegelüsten des kleinen Bürgers von der Straße und seinem Ruf nach dem Aufräumer mit der harten Hand wirklich Rechnung getragen würde. Fred und Tony unterscheiden sich von dem Abschaum, den sie jagen nur noch durch ihre Polizeimarke. Als absurder Reißer großartig, als Reflexion über die Mechanismen des (italienischen) Polizeifilms brillant.“ (www.filmtipps.at)
„Wo ihre amerikanischen Vorbilder … Don Siegels DIRTY HARRY oder Michael Winners DEATH WISH – die dunklen Neigungen ihrer Zuschauer noch sanft kitzelten, um ihnen dann den Spiegel vorzuhalten, da servieren Deodato und Di Leo eine Welt, die den Weltuntergangs-Fantasien des in seinem Reihenhäuschen fernab der Realität vor sich hin hassenden Bild-Lesers eins zu eins entspricht. Nur zwei ganze Kerls wie Fred und Tony können da Abhilfe schaffen und es ist wohl die Ironie des Schicksals, dass sie mit ihren Lederjacken, Cowboystiefeln, Motorrädern und dem ostentativ ausgestellten Disrespekt vor (erwachsenen) Autoritäten das gespuckte Ebenbild jener Lumpen sind, die der Spießbürger als Wurzel allen Übels ausgemacht zu haben glaubt.“ (Oliver Nöding, Remember It For Later)
Zu sehen als zeitgenössische deutsche 35mm-Kopie, die einige Zensurschnitte aufweist, aber auch ein Zeitdokument für die damalige Rezeption des Films in Deutschland darstellt.
In memoria di Ruggero Deodato
Am 29. Dezember letzten Jahres verstarb bedauerlicherweise Italo-Ikone Ruggero Deodato. Anno 2016 war er persönlich im KommKino zu Gast und wirkte noch höchst agil, eloquent und charmant.
Am bekanntesten ist Deodato natürlich für seine sehr erfolgreichen Kannibalen-Schocker „Mondo Cannibale 2. Teil – Der Vogelmensch“ und „Cannibal Holocaust“ („Nackt und zerfleischt“). Insbesondere „Cannibal Holocaust“ blieb bis heute einer der größten Skandale der Filmgeschichte und hat noch immer einen großen Einfluss auch auf sehr erfolgreiche Filme. Aber Deodato war auch noch in vielen anderen Genres aktiv und schuf dort nicht selten zumindest sehr unterhaltsame und formal interessante Werke. Anlässlich seines bedauerlichen Todes zeigen wir eine Auswahl sehenswerter Arbeiten.