Nächster Termin:
Frankreich 2019, 77 Minuten, OmU, digital, Regie: Quentin Dupieux, Darsteller: Jean Dujardin, Adèle Haenel, Albert Delpy, Pierre Gommé, Laurent Nicolas
Deerskin
Georges, frisch getrennt und maximal am Ende, entdeckt in einem abgelegenen Kaff die Lösung all seiner Probleme: Eine umwerfend stylische Wildlederjacke... mit Fransen und aus 100% Hirschleder italienischer Herstellung! Von da an ist klar - keine andere Jacke darf je wieder existieren – weder für ihn noch für andere. Mit dem Selbstbewusstsein eines antiken Kriegsgottes zieht er los, seine neue Lebensmission durchzuziehen: Alleiniger Träger modischer Jacken zu sein. Bewaffnet mit einer Kamera, einer Pseudodokumentation als Alibi und mit zunehmend weniger Skrupeln, wird er zum selbsternannten Mode-Diktator und lässt seine Opfer schwören: „Ich verspreche, dass ich mein Leben lang nie wieder eine Jacke tragen werde“.
Quentin Dupieux – vielleicht einigen noch musikalisch bekannt als DJ Mr. Oizo oder durch seine Filme wie Rubber (2010) oder Wrong Cops (2013) – tritt als Regisseur, Drehbuchautor, Kinematograph, Cutter und Komponist für die meisten seiner Filme auf, um mit erstaunlich hoher Productionvalue erstaunlich postironische Machwerke zu schaffen. Damit hat er sich mit seiner ganz eigenen Handschrift im Kino eine Nische geschaffen, die irgendwo zwischen dadaistischem Nonsens, surrealer Groteske und absurdem Komik-Kosmos liegt. Die Filmwelt ist eine, in der Logik nur ein Vorschlag ist und jede Erwartungshaltung mit einem gelangweilten Schulterzucken ins Leere läuft. Seine Werke funktionieren wie Traumsequenzen oder improvisierte Gedankenspiele – Szenen folgen aufeinander, weil sie es eben tun. Die Kausalität wirkt oft wie ein Witz: In Rubber etwa entwickelt ein Autoreifen telekinetische Kräfte und bringt Menschen um, einfach so, „aus keinem Grund“, wie gleich zu Beginn explizit im Voiceover klargestellt wird. Und genau das ist das Prinzip: Die Absurdität wird nicht entschuldigt, sondern gefeiert. Ikonisch ist auch die lakonische Schrägheit seiner Dialoge: Die Figuren sprechen oft, als wären sie sich ihrer eigenen Fiktionalität bewusst – aber anstatt sich daraus zu befreien, suhlen sie sich mit stoischer Gelassenheit im Unfug. Der Humor ist trocken, manchmal grotesk, fast immer entwaffnend beiläufig und vor allem meistens schön blöde.